Kieler-Woche-Regatta: Auf die Plätze, fertig, ab zum Aal!
von Andreas Kling 21. Juni 08:51 PDT
22.-30. Juni 2024
50 Nationalflaggen aller an der Kieler Woche 2024 beteiligten Länder wehen in Schilksee © Christian Beeck
198 Hochseeyachten eröffnen die Kieler-Woche-Regatta am Samstagvormittag (22. Juni) vor dem Kieler Yacht-Club in der Innenförde mit ihrer „Jagd auf Räucheraal“.
Diesen erhält jede Crew als Belohnung im Ziel der traditionellen Aalregatta nach Eckernförde. Vor Schilksee fällt um die Mittagszeit der erste Startschuss in fünf olympischen Disziplinen, dem Eurocup der 29er und der 420er. KielerWoche.TV widmet sich am ersten Tag auch der ILCA-7er-Klasse mit Ex-Weltmeister Philipp Buhl aus Sonthofen, der seine „Generalprobe für die Olympischen Spiele in Frankreich in vollen Zügen genießen“ will.
Die meteorologischen Vorzeichen für die 130. Auflage der weltberühmten Regattawoche stehen gut. Pünktlich zum Sommeranfang sollen die Temperaturen in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt auf über 20 Grad steigen und „spätestens zum Wochenbeginn werden sich zunehmende Ostwinde durchsetzen“, prognostiziert Meeno Schrader, Kieler-Woche-Meteorologe im Auftrag der boot. Einzig das erste Wochenende präsentiert sich noch unbeständig mit mäßiger bis frischer Westbrise für die 27,5 Seemeilen lange Aalregatta.
Punkt 9.05 Uhr will Wettfahrtleiter Ralf Paulsen die erste Startgruppe der größten Einrumpfyachten ORC I auf die Reise schicken. Drei Mehrrumpfboote schließen um 10.55 Uhr das größte Teilnehmerfeld der Kieler Woche ab. Mit dabei, aber nicht am Start und ohne Wertung: der M32-Katamaran „NTT DATA“ von Helge und Christian Sach aus Zarnekau. Einer der Regelpedanten hatte die fehlende Übernachtungsmöglichkeit bemängelt, zudem gab es an Bord des Rennbootes keinen Seezaun, weshalb es nicht startberechtigt war. „Durch solche Spielverderber lassen wir uns die Freude an der Kieler Woche nicht verderben“, so der zwölfmalige Gesamtsieger Christian Sach, „und werden das Rennen mit gebührendem Abstand vom Wasser aus verfolgen.“
Passen muss auch ILCA-7-Segler Nik Aaron Willim. Der gebürtige Schilkseer leidet seit längerem unter starken Kopfschmerzen. „Der Arzt hat mir dringend davon abgeraten, mit Schmerzmitteln weiter zu segeln“, sagt der 27-Jährige, „besonders beim Heimevent fällt mir das schwer, aber die Gesundheit geht erstmal vor.“ Willim hatte Philipp Buhl eine spannende nationale Olympia-Ausscheidung angeboten. Buhl dürfte nun mit seinen internationalen Sparringspartnern Herrmann Tomasgaard, norwegischer Bronzemedaillengewinner von Enoshima 2021, und Ex-Weltmeister Jean-Baptiste Bernaz aus Frankreich um den Kieler-Woche-Sieg kämpfen.
Besonders ausgeprägt ist das Kieler-Woche-Fieber bei den 29ern, die mit knapp 140 Nennungen ein Riesenfeld zum Start der Eurocup-Serie bringen. Cheryl Yong und Febe Wong sind am Donnerstag aus Singapur in Kiel angekommen, haben ihr Charterboot in Empfang genommen und liegen nun gut bepackt und mit großen Augen im Schilkseer Hafen.
„Es ist ganz schön windig hier. Bei diesen Bedingungen sind wir noch nie gesegelt. Aber es ist ein gutes Training für die Kieler Woche und die nächsten Regatten“, sagt die 13-jährige Febe, die seit Februar dieses Jahres die Ruderpartie ihrer Zweijährigen übernimmt. „Das wird unsere erste große Regatta. Wir sind gespannt, wie es wird, wir müssen uns noch einarbeiten. Aber Febe lernt schnell“, sagt Cheryl.
Mit ganz anderen Voraussetzungen gehen die bayerischen Zwillingsbrüder Lucas und Moritz Hamm ins 29er-Rennen. Die beiden 16-Jährigen zählten schon zu Opti-Zeiten zur deutschen Spitzenseglerschaft, kennen das Kieler Revier in- und auswendig und freuen sich auf ihren Auftritt auf der Außenförde.
„Wir wollen Spaß haben, aber natürlich auch Leistung bringen. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der U17-Wertung“, sagt Vorschoter Moritz. Dass die Kieler Woche in die Eurocup-Wertung der 29er integriert ist, hat für das Brüderduo einen besonderen Reiz. „Die Kieler Woche ist für uns nach der Welt- und Europameisterschaft die wichtigste Regatta. Im Eurocup-Ranking liegen wir nach bisher vier Regatten sehr gut da und wollen das hier natürlich bestätigen.“
Am Ende der Gesamtserie wollen sie ganz vorne in der U17-Wertung stehen und auch insgesamt einen Top-Ten-Platz belegen. Auch für die internationalen Meisterschaften haben sie sich große Ziele gesetzt. So peilen sie bei der EM den Sieg in der U17-Wertung an, bei der WM einen Platz auf dem Gesamtpodium und einen Platz in den Top 20. Danach blicken sie bereits in die nächste Klasse. Die Zwillinge vom Chiemsee wollen in den Olympia-49er aufsteigen. „Die anderen Brüderpaare aus dem 29er, wie die Schwalls (FX) und die Sachs, sind da schon angekommen.“
Für Lucas und Moritz Hamm ist die Kieler Woche immer ein Spaß-Event. „Letztes Jahr war mega“, schwärmt Moritz Hamm von den karibischen Verhältnissen 2023. Das Wetter ist ihnen dabei aber ziemlich egal. „Tendenziell mögen wir mehr Wind, aber auch mit Leichtwindverhältnissen kommen wir klar. Wer vorne mitsegeln will, muss mit jedem Wind klarkommen.“
Aus deutscher Sicht zählen die Hamms in der 29er-Klasse zu den Favoriten, aber auch die Kieler Hanno Rix/Maximilian Reuner werden auf ihrem Heimrasen hoch eingeschätzt, ebenso wie die zuletzt starken Moritz Wagner/Leo Gradel vom Starnberger See. Beim letzten Eurocup vor Aarhus/Dänemark waren sie Anfang Juni hinter Niclas Holt/Mats Wegener Zweite geworden. Die Dänen gelten damit als heiße Anwärter auf den Sieg. Für sie ist die Kieler Woche ein wichtiger Zwischenstopp auf dem Weg zur Weltmeisterschaft, die Anfang August auf heimischem Boden in Aarhus ausgetragen wird.
Die offizielle Eröffnung des Regattateils der Kieler Woche findet am Samstag um 13 Uhr auf der Bühne in der Audi Sailing Arena statt. Neben Organisationsdirektor Dirk Ramhorst und Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer sind Magdalena Finke, Staatssekretärin im Staatsministerium des Innern, Wolfram N. Diener, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Düsseldorf für den Premiumpartner boot, sowie 2.4mR-Weltmeister Heiko Kröger dabei, der die Kieler Woche als Generalprobe für die Weltmeisterschaften im August an gleicher Stelle nutzen und gewinnen möchte.