Kieler Woche 2024: Traumrennen belohnen langes Warten auf Wind
von Kieler Woche 29 Jun 11:53 PDT
22.-30. Juni 2024
Bo Petersen aus Dänemark muss das Gelbe Trikot des Gesamtführenden bei den OK-Jollen vor dem Schlusstag abgeben – Kieler Woche 2024 © Sascha Klahn
Die Geduld aller Aktiven und der Regattaorganisation war am vorletzten Tag der Kieler Woche 2024 gefragt, als es am Samstag (29. Juni) rund fünf Stunden dauerte, bis sich auf allen fünf Kursen eine segelbare Meeresbrise aus Ost aufbauen konnte. Die acht internationalen Bootsklassen absolvierten bis zum frühen Abend drei fantastische Rennen und wurden nach den starken Winden des Vortages für ihre Geduld belohnt.
„Die Quellwolken über Land verzögerten den Aufbau der Thermik“, erklärte Meteorologe Meeno Schrader von der Kieler „Wetterwelt“. Er präsentiert im Auftrag der boot Düsseldorf seit vielen Jahren Wind und Wetter zur Regatta – und hatte mit seiner Einschätzung, dass es am Nachmittag losgehen würde, wieder einmal recht behalten. Schrader: „Die Quoten lagen am Morgen nur bei 60:40 und sanken zwischendurch sogar noch weiter ab. Doch dann ging es plötzlich endlich los.“
Mit erst zwei, dann drei und in Böen vier Windstärken wurden viele Wertungen auf den Kopf gestellt. So auch bei den 71er OK-Jollen, wo der Schwede Niklas Edler einen tollen Tag erwischte und sich als Erster des Feldes ins Ziel setzte. Neun Punkte dahinter liegt Jan Kurfeld aus Wismar auf Platz zwei. Der dänische Top-Favorit Bo Petersen kassierte vor seinem nächsten Tagessieg eine Frühstart-Disqualifikation und fiel zwischenzeitlich aus den Top Ten, weil er am Vortag bei widrigen Bedingungen das letzte Rennen verpasst hatte.
Anders verlief dagegen die Entwicklung in der 2.4mR, hier führte Weltmeister Heiko Kröger mit drei makellosen Tagessiegen weiterhin das Feld an. Neue Nummer eins ist die Britin Meagan Pascoe, deren Rückstand auf die Seriensiegerin (14-mal) allerdings schon 14 Punkte beträgt. „Das Boot läuft, die Taktik stimmt, so kann es bleiben“, zeigte sich ein hochzufriedener Kröger, der die Kieler Woche zugleich als Generalprobe für die Weltmeisterschaften Ende Juli an gleicher Stelle nutzt. Mit weiteren elf Punkten Rückstand liegt Antonio Squizzato aus Italien auf Rang drei.
Drei Generationen 49er-Segler in einem Boot – das klappt, auch bei einer spontanen Veranstaltung. Tobias Schadewaldt, Olympiasegler von 2012, hat sich mit Thomas Plößel, Olympia-Bronzemedaillengewinner von 2016 und 2021, und Tom Heinrich, der die Olympia-Qualifikation 2024 knapp verpasste, zusammengetan. Und gemeinsam mit Andrea Loth im Boot werden die Skiff-Segler immer besser zusammen. Beginnend mit einem Frühstart im ersten Rennen am Donnerstag zeigt die Leistungskurve der Kombination Hamburg-Kiel steil nach oben.
Am Samstagmorgen lagen sie bereits auf Platz neun im 48 Crews umfassenden Feld, punkteten dann mit einem sechsten, dritten und schließlich einem zweiten Platz. Zeitweise sahen sie im zweiten Rennen des Tages sogar wie die Sieger aus, wählten am Kreuz jedoch zunächst die benachteiligte Seite und kassierten zudem eine Strafe nach dem Berühren einer Boje. Mit diesen Tagesrängen machten sie im Ranking einen großen Sprung nach vorn
Beste Deutsche hinter dem dänischen Doppel von Kim Christensen und Frederik Hvalsö sind allerdings die Crew von Julian Ramm. Zwar musste die Mannschaft aus Itzehoe das Gelbe Trikot der Führenden vorerst abgeben, geht aber als Dritter in den Abschlusstag. Auch Lukas Feuerherdt (Hamburg) hat von Platz fünf aus einen Angriff angekündigt. „Wir sind schnell, müssen nur noch den sauberen Wind finden“, berichtete Feuerherdt von einem Tag mit „viel Spaß“. „Wir haben Erfahrung im Kieler Raum und freuen uns auf mehr Wind am Sonntag.“
Ein Kräftemessen zwischen den Hamburger Vereinen von Alster und Elbe sind die Wettkämpfe im J/24. Ein Alsterverein liegt derzeit in Führung: Fritz Meyer (SVAOe) vor Stefan Karsunke und den beiden Elbeteams Stefan Karsunke (SCOe) und Hauke Krüß (BSC).
Seine Revierkenntnisse konnte Morten Ben Borchardt auch in der ILCA 6 gut ausspielen. Der Lübecker wohnt seit diesem Schuljahr im Kieler Segelinternat, trainiert ständig in der Strander Bucht und fühlt sich hier wie in seinem Wohnzimmer. „Ich weiß, wie es hier läuft und habe daher einen gewissen Heimvorteil.“ Diesen nutzte er nicht nur mit seinem Sieg am Freitag, sondern auch mit weiteren Top-Ergebnissen am ersten Tag der Goldgruppe. Damit landete er in der Gesamtwertung auf Platz drei – hinter der führenden Finnin Monika Mikkola und dem Neuseeländer Zach Stibbe.
Die Segler aus der Schweiz sind im ILCA 4 weiterhin das Maß der Dinge. In Führung bleibt Jean Glauser vor seinem Schweizer Landsmann Tristan Schnitzer. Die schwächeren Winde am Samstag spielten dem ehemaligen Weltmeister Max Billerbeck (Kollmar) im Contender in die Karten. Nach dem schweren Wetter nutzte das Leichtgewicht seine Chancen und schob sich auf Platz 3 – als erster Verfolger der dänischen Topmänner Sören Andreasen und Jesper Armbrust, die sich seither ständig an der Spitze abwechseln. Armbrust liegt aktuell in Führung.
Die ungarischen Rekordweltmeister Szabolcs Majthenyi/Andras Domokos haben im Flying Dutchman ihre Dominanz der ersten Rennen eingebüßt. Dennoch bleiben sie nach acht Rennen das Team, das es zu schlagen gilt – auch für die amtierenden Weltmeister Kay-Uwe Lüdtke/Kai Schäfers (Berlin/Hannover) und Kilian König/Johannes Brack, die WM-Dritte wurden und am Schlusstag auf den Plätzen zwei und drei alles daran setzen werden, das Bild zu ändern. Vor allem Lüdtke/Schäfers haben dazu alle Möglichkeiten. Ihnen fehlt nur ein Punkt zur Spitze.
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